Brasilianische Weideflächen im Wandel –Konvergenz zwischen Produktion, Nachhaltigkeit und Politik
Die nachhaltige Nutzung von Weideflächen in Brasilien stellt eine große Herausforderung dar – und zugleich eine fantastische Chance. Das Land verfügt über etwa 160 Millionen Hektar Weideflächen, die über das gesamte Territorium verteilt sind, jedoch mit deutlichen Unterschieden zwischen den Regionen und Erzeugergruppen. Etwa 110 Millionen Hektar entfallen auf angelegte Weiden, die in allen Regionen des Landes zu finden sind. Die natürlichen Weiden, die rund 50 Millionen Hektar ausmachen, konzentrieren sich vor allem auf die Caatinga (Nordosten), das Pampa (Süden) und das Pantanal (Zentralwesten).
Laut der letzten Agrarstatistik von 2017 gab es in Brasilien 2,55 Millionen landwirtschaftliche Betriebe mit Rinderhaltung, von denen 76 % als Familienbetriebe eingestuft wurden. Im Bereich des Bioms Caatinga im Nordosten überwiegt die extensive Viehwirtschaft mit niedriger Produktivität. Grössere – Betriebe der Rindfleischproduktion konzentrieren sich vor allem im Zentralwesten und Norden, in den Biomen Amazonas, Cerrado und Pantanal. In den Regionen Süd und Südosten, wo die Biome Atlantischer Regenwald und Pampa vorrangig sind, dominieren Betriebe mit diversifizierten Aktivitäten (Landwirtschaft und Viehzucht) sowie intensiver Viehzucht.
Ein Teil der brasilianischen Weideflächen zeigt Anzeichen von Degradierung, doch die dazugehörigen Statistiken sind sehr unterschiedlich, und es besteht Bedarf an besseren Diagnosemethoden. Es müssen Monitoring-Werkzeuge und nationale Protokolle entwickelt werden, die die Besonderheiten jedes brasilianischen Bioms berücksichtigen, um genauere Zahlen zu erhalten. Studien zeigen jedoch, dass es möglich ist, die Produktion von Lebensmitteln, Fasern und Energie auf den Weideflächen zu steigern – sei es durch höhere Produktivität der Flächen (mehr Fleisch und Milch pro Fläche), sei es durch Nutzungsänderung hin zu landwirtschaftlichen Kulturen (z. B. Getreide, Obst, Gemüse), Forstwirtschaft (z. B. Eukalyptus, einheimische Arten) oder integrierte Systeme (z. B. Ackerbau-Viehzucht-Forstwirtschaft, Agroforstsysteme). Einige Flächen können auch zur Wiederherstellung der einheimischen Vegetation genutzt werden, insbesondere dort, wo die Umweltgesetzgebung nicht eingehalten wurden und Umweltverbindlichkeit bestehen.
Die Weideflächen in Brasilien verändern sich jedes Jahr durch Investitionen der Erzeuger und durch Politiken, die ihre Wiederherstellung und nachhaltige Nutzung fördern – wie der ABC+ Plan, das Programm Caminho Verde und die brasilianische Nachhaltigkeitstaxonomie. Verschiedene Akteure – darunter politische Entscheidungsträger, Investoren, Vertreter von Finanzinstitutionen, Fachleute, Landwirte und Vertreter des dritten Sektors – erkennen das Potenzial dieser Transformation, doch es bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, wie sie genutzt werden sollte. Während einige die ökologischen, sozioökonomische Vorteile sowie die Erzeugung von Grundnahrungsmitteln hervorheben, konzentrieren sich andere auf produktionsbezogene Aspekte und den agrarwirtschaftlichen und kommerziellen Wert der Wiederherstellung, Intensivierung oder Umwandlung der Weideflächen.
Nachhaltigkeit hängt von einem feinen Gleichgewicht zwischen ökonomischen, sozialen und ökologischen Aspekten ab. Damit die Transformation der brasilianischen Weideflächen tatsächlich zur Stärkung der Nachhaltigkeit des Agrar- und Ernährungssystems beiträgt, muss ein kontinuierlicher Dialogfluss geschaffen werden, der die Erwartungen angleicht und die besten Lösungen identifiziert. Die Bedürfnisse der verschiedenen beteiligten Akteure müssen stimmen. Der Agrarpolitische Dialog Brasilien–Deutschland kann zu diesem Prozess beitragen, indem er technischen, politischen und wissenschaftlichen Austausch fördert und verschiedene Interessengruppen zusammenbringt, die sich mit dem Thema befassen.
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