Für eine neue Klimazielsetzung: Entwaldungsfreie Lieferketten als Motor für nachhaltige Entwicklung in Brasilien
Brasilien steht an einem strategischen Scheideweg. Als einer der größten globalen Exporteure landwirtschaftlicher Rohstoffe muss das Land die Herausforderung bewältigen, seine Wettbewerbsfähigkeit mit den Umweltverpflichtungen des 21. Jahrhunderts in Einklang zu bringen. Zu den dringendsten Themen gehört die Konsolidierung entwaldungsfreier Lieferketten – ein Ziel, das nicht mit Rhetorik, sondern mit Governance, Technologie und gut strukturierten Anreizen erreicht wird.
Die sozioökologische Rückverfolgbarkeit ist eine zentrale Achse dieser Transformation. Im Falle von Soja und Viehzucht, Lieferketten, die direkt mit der Entwaldung in Biomen wie dem Amazonas und dem Cerrado in Verbindung stehen, gibt es wichtige, aber noch fragmentierte Fortschritte. Sektorale Initiativen wie das Soja-Moratorium und die Überwachungsprotokolle des Fleischsektors zeigen, dass Fortschritte möglich sind, weisen aber auch auf die Grenzen freiwilliger Maßnahmen hin. Die Integration von Systemen wie dem Cadastro Ambiental Rural (CAR) -Umweltkataster], der Guia de Trânsito Animal (GTA) [Genehmigung für Tiertransport und Rückverfolgbarkeit] und den elektronischen Rechnungen ist unerlässlich, um eine robuste und überprüfbare Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten.
In diesem Kontext nehmen die Debatte und auch die Erprobung ergänzender und skalierbarer Lösungen zu. In den letzten Jahren wurden verschiedene Vorschläge formuliert, um eine nationale öffentliche Politik für Rückverfolgbarkeit und Transparenz zu entwickeln, die den Anforderungen des internationalen Marktes entspricht, wie beispielsweise der Europäische Entwaldungsverordnung (EUDR). Der Rahmen reicht von kurzfristigen Lösungen wie der Rückverfolgbarkeit von Produktposten bis hin zu langfristigen Vorschlägen, die auf individuellen Systemen basieren, wie elektronische Ohrmarken und integrierte Plattformen.
Neben der Bundesebene übernehmen die Landesregierungen eine führende Rolle mit innovativen Lösungen. Die Fälle von Pará und Maranhão sind beispielsweise wegweisend. Die Bundesstaaten entwickeln jeweils eigene Systeme, um in den kommenden Jahren 100% Rückverfolgbarkeit der Fleisch- und Sojawertschöpfungsketten zu erreichen. Diese Erfahrungen zeigen, dass Fortschritte mit einem territorialen Fokus möglich sind, der lokale Besonderheiten respektiert und die Implementierung beschleunigt.
Damit dies jedoch koordiniert erfolgt, müssen einige strukturelle Hindernisse überwunden werden. Das Fehlen einer großflächigen Validierung des CAR, die mangelnde Standardisierung der Daten, die Lücken in der Abdeckung technischer Unterstützung und die Risiken der Ausgrenzung von Kleinproduzenten sind Herausforderungen, die robuste öffentliche Politiken und konsequente Investitionen erfordern.
In diesem Szenario können Partnerschaften zwischen Produzenten- und Verbraucherländern eine entscheidende Rolle spielen. Nicht nur bei der Übernahme von Verantwortung und Ressourcen, sondern auch beim Aufbau von Vertrauen, Transparenz und regulatorischer Abstimmung. Rückverfolgbarkeit darf nicht als Strafinstrument angesehen werden, sondern muss ein Mittel zur Wertschätzung derjenigen werden, die das Gesetz einhalten, die Umwelt schützen und Zugang zu Märkten mit höherem Mehrwert erhalten möchten.
Bei der Agenda für entwaldungsfreie Lieferketten geht es nicht nur um Kontrolle – sie es geht um die Zukunft. Es geht darum, Bedingungen zu schaffen, damit Brasilien als Vorreiter einer neuen Agrarwirtschaft anerkannt wird, die kohlenstoffarm, nachhaltig, inklusiv und widerstandsfähig ist.
Wir glauben, dass der Austausch von Erfahrungen und der Dialog mit nationalen und internationalen Partnern entscheidend sind, um verantwortungsvolle und innovative Praktiken zu konsolidieren. In diesem Sinne ist die Teilnahme an der Rubrik „Leadership im Dialog“ des Agrarpolitischen Dialogs Brasilien-Deutschland eine ausgezeichnete Gelegenheit, um Erkenntnisse auszutauschen, strategische Kooperationen aufzubauen und zu zeigen, wie Brasilien wirtschaftliches Wachstum, Umweltschutz und soziale Inklusion in Einklang bringen kann.
Die vorgestellten Ideen wurden in der Veröffentlichung „Opportunities for deforestation-free supply chains through producer-consumer country partnerships“ untersucht. Das Dokument wurde von meinen Kolleginnen Isabella Freire, Cecília Korber, Paulien Denis und von mir im Rahmen des APD erstellt. Diese Arbeit spiegelt einen Teil meiner Tätigkeit als Geschäftsführerin der Brazilian Coalition on Climate, Forests and Agriculture wider. Die Koalition ist eine multisektorale Bewegung, die den Dialog zwischen Zivilgesellschaft, Privatsektor und Regierung fördert, um konkrete Lösungen voranzutreiben, die nachhaltige Produktion und Naturschutz vereinen.
Autorin

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