Der Kampf um „das Grüne“ in Zeiten des Kohlenstoffmarktes
Der vorliegende Essay von Daniel Vargas von der Stiftung Getulio Vargas in São Paulo führt uns literarisch durch die wissenschaftlichen, juristischen, ökonomischen und zweifellos auch politischen Aspekte und Kontroversen über die Funktionsweise der Kohlenstoffmärkte. Er hinterfragt aus der Sicht der großen Potenziale der brasilianischen Landwirtschaft die Maßeinheiten und Regeln, die in den gemäßigten Klimazonen formuliert werden und das Potenzial der Kohlenstoffbindung der tropischen Böden zu unterschätzen scheinen.
Auf grundsätzliche Weise kritisiert er auch, dass die Emissionen bei der Erzeugung von Nahrungsmitteln dem Erzeugerland angerechnet wird, während die Verbrennung fossiler Kraftstoffe, bei den Konsumentenländern verbucht wird. Er hält es für fragwürdig, Maßnahmen zur Einsparung von Methanemissionen in der Rinderhaltung oder zur Bindung von CO2 in der tropischen Landwirtschaft nicht zu vergüten, wenn gleichzeitig die Erdölwirtschaft Kohlenstoffzertifikate verkaufen kann, wenn sie einen Filter in ihre Anlagen einbaut, der die Öl-Verluste reduziert.
Warum, fragt Vargas, wird die Landwirtschaft, die Erzeugung von Lebensmitteln benachteiligt?
Der Autor plädiert schließlich für einen neuen globalen Blick auf die tropische Landwirtschaft, auf das, was zukünftig als „das Grüne“ gelten soll. Er tritt ein für eine „Tropikalisierung“ der Regeln und Meßeinheiten der Kohlenstoffmärkte, nicht zuletzt, um den tropischen Landwirtschaften der südlichen Halbkugel eine gerechte Teilhabe und eine angemessene Vergütung für die Transformation hin zu einer klimafreundlichen Erzeugung von Lebensmitteln und Agrarrohstoffen zu ermöglichen. Dafür – so Vargas – bedarf es einer nationalen Anstrengung, nicht nur der Regierung, sondern des Staates, des Dialogs mit Wissenschaft und Privatsektor und schließlich des internationalen agrar- und umweltpolitischen Dialogs.